Unterhalt Berechnung für Ehegatte Ehegattenunterhalt Familienrecht

Berechnung des Ehegattenunterhalts (Unterhaltsrecht)

Besteht zwischen geschiedenen Ehegatten ein Unterhaltsanspruch, so sind für dessen Berechnung die ehelichen Lebensverhältnisse maßgeblich. Die Gerichte berücksichtigen dabei Einkommensveränderungen nach der Scheidung, sofern diese sich als Fortführung der die Ehe bereits prägenden Verhältnisse darstellen (z. B. Gehaltserhöhung). Nicht berücksichtigt wird die Schaffung neuer Einkommenquellen nach der Scheidung (z.B. Vermietung einer neu erworbenen Eigentumswohnung).

Folgende Fälle sind hinsichtlich der Berechnung des Unterhalts zu unterscheiden:

1. Unterhaltspflichtiger ist erwerbstätig, Berechtigter ohne Einkommen:

Der Unterhaltspflichtige muss als Ehegattenunterhalt 3/7 des (ggf. nach Abzug des Kindesunterhalts übrig bleibenden und um Steuern, Versicherungen und Schulden bereinigten) Nettoeinkommens entrichten. 1/7 des Nettoeinkommens behält der Unterhaltspflichtige als so genannten Erwerbstätigenbonus. Zu den 3/7 kommt noch die Hälfte der anrechenbaren sonstigen Einkünfte des Unterhaltspflichtigen hinzu. Obergrenze ist der volle Unterhalt entsprechend den ehelichen Lebensverhältnissen.

2. Beide Ehegatten erzielen Erwerbseinkommen:

In diesem Fall kommt die so genannte Differenzmethode zum Einsatz. Der Unterhalt beträgt 3/7 der Differenz zwischen den anrechenbaren Erwerbseinkommen der Ehegatten. Obergrenze ist der volle eheliche Bedarf. Sind sonstige anrechenbare Einkünfte vorhanden, gilt der Halbteilungsgrundsatz.

Lange umstritten war die Berechnung des Unterhalts, wenn der Unterhaltspflichtige erneut geheiratet hat und nun auch eine Unterhaltspflicht gegenüber dem neuen, ebenfalls erwerbstätigen Ehepartner besteht. Nach der seit dem 1.1.2008 geltenden Unterhaltsrechtsreform sind der geschiedene und der neue Ehepartner gleichrangig (§ 1609 Nr. 3 BGB, Ausnahmen bei Kinderbetreuung und Ehen von langer Dauer, vgl. § 1609 Nr. 2 BGB), so dass prinzipiell beiden ein gleich hoher Unterhaltsbedarf zusteht.
Der Bundesgerichtshof hatte mit Urteil vom 30.07.2008 (Az. XII ZR 177/06) eine neue Berechnungsmethode für den Unterhaltsbedarf in solchen Fällen entwickelt: Nach der sogenannten Dreiteilungsmethode sollte der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten ermittelt werden, indem die bereinigten Erwerbseinkommen der beiden Geschiedenen und des neuen Ehepartners zusammengerechnet und durch drei geteilt wurden.

Ohne Korrekturen wäre es bei dieser Berechnungsmethode möglich gewesen, dass der geschiedene Ehepartner aufgrund der neuen Heirat seines Ex-Partners besser dastand als ohne diese. Dies konnte beispielsweise der Fall sein, wenn der neue Ehepartner ein besonders hohes Einkommen hatte. Dem Bundesgerichtshof zufolge durfte der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten jedoch maximal bei dem Betrag liegen, der sich ohne erneute Heirat des Unterhaltspflichtigen gemäß dem Halbteilungsgrundsatz ergeben hätte. Um diesen Betrag festzustellen, musste eine entsprechende Kontrollrechnung durchgeführt werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 25.01.2011 diese Rechtsprechung des BGH jedoch als nicht verfassungsgemäß gerügt (Az. 1 BvR 918/10). Im verhandelten Fall waren einer Frau nach der Scheidung 614 Euro Aufstockungsunterhalt zugestanden worden. Nach der erneuten Heirat ihres Ex-Mannes setzte das Amtsgericht ihren Unterhalt gemäß der Dreiteilungsmethode auf 488 Euro herunter. Als auch das saarländische Oberlandesgericht dieses Urteil bestätigte, rief die Frau das Bundesverfassungsgericht an, da ihre grundgesetzlich garantierte allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) durch die Entscheidung verletzt sei.

Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass der Bundesgerichtshof durch die angewandte Berechnungsmethode die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschritten habe. Auch nach der Unterhaltsrechtsreform von 2008 hätten die Differenzierungen zwischen dem Unterhaltsbedarf, der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und der Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter Gültigkeit. Diese würden hier verwischt. Bei der Anwendung der Dreiteilungsmethode setze man sich zudem darüber hinweg, dass nach wie vor die Lebensverhältnisse zum Zeitpunkt der Scheidung für den Unterhaltsbedarf ausschlaggebend seien (§ 1578 Abs. 1 BGB). Zu diesem Zeitpunkt existiere jedoch noch kein neuer Ehepartner. Dessen Unterhaltsanspruch sei erst später, bei der Prüfung der Frage der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen, zu berücksichtigen. Der geschiedene Ehegatte erhalte nach der Berechnungsart des BGH in der Regel weniger als bei einer Berechnung, die sich ausschließlich an den ehelichen Lebensverhältnissen orientiere. Die Beschwerdeführerin sei durch das Urteil in ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit als Ausprägung ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) verletzt.

Als Konsequenz wird künftig der Dreiteilungsgrundsatz in derartigen Fällen nicht mehr angewendet. Der Berechnung des Unterhaltsbedarfs sind die ehelichen Lebensverhältnisse zugrunde zu legen – ohne Einbeziehung der Einkünfte eines neuen Ehepartners.

3. Unterhaltsberechtigter arbeitet freiwillig, d.h. ohne Erwerbsobliegenheit:

Es gilt § 1577 Abs. 2 BGB: Die Einkünfte des Unterhaltsberechtigten sind nicht anzurechnen, wenn der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, werden insoweit angerechnet, als dies in Anbetracht der wirtschaftlichen Verhältnisse beider angemessen erscheint.

4. Unterhaltspflichtiger ist nicht erwerbstätig (z.B. Rentner):

Je nachdem, ob der andere Ehegatte erwerbstätig ist, können die Methoden 1. bis 3. angewendet werden. Der Anspruch beträgt jedoch nur 50% der so ermittelten Sätze.

Diese Angaben sind Richtwerte nach dem Anhang der Düsseldorfer Tabelle, Stand 1.1.2011.

5. Unter Juristen herrschte viele Jahre lang Streit darüber, mit welcher Methode die Einkünfte eines unterhaltsberechtigten Ex-Ehegatten anzurechnen seien. Es konkurrierten die Anrechnungsmethode und die Differenzmethode. Das Bundesverfassungsgericht hat den Streit 2002 zu Gunsten der Differenzmethode entschieden (Az. 1 BvR 105/95, Beschluss vom 5. Februar 2002). Es ging dabei um die Anrechnung der Tätigkeit einer Hausfrau, die eine Teilzeit-Nebenbeschäftigung ausübte. Nach dem Urteil verstieß es gegen das Grundgesetz, die Hausfrauentätigkeit als nicht prägend für die ehelichen Lebensverhältnisse anzusehen (Art. 6 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 2 GG). Auch in solchen Fällen ist nun - ggf. mit Hilfe fiktiver Einkünfte - die Differenzmethode anzuwenden.

Im der ab 1.1.2008 wirksamen Vorschrift des § 1578b BGB wird generell die Möglichkeit geschaffen, den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen oder zeitlich zu befristen, wenn ein voller oder unbefristeter Unterhalt unangemessen erscheint. Dabei sind die Belange von Kindern, die der Unterhaltsberechtigte erzieht, besonders zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen ist auch, ob dem Unterhaltsberechtigten durch die Ehe berufliche Nachteile entstanden sind, z.B. wegen der Erziehung gemeinsamer Kinder.

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