Für den Mieter stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen die vom Vermieter gelieferte Eigenbedarfsbegründung nicht ausreicht.
Insoweit sind verschieden Fallgruppen zu unterscheiden:
1. Die Geltendmachung des Eigenbedarfs ist rechtsmissbräuchlich
Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist rechtsmissbräuchlich, wenn sie grob unbillig ist.
a) Der Eigenbedarf des Vermieters war vorhersehbar
Dies ist der Fall, wenn der Eigenbedarf schon bei Abschluss des Mietvertrages voraussehbar war und der Vermieter den Mieter vor Vertragsschluss nicht darauf hingewiesen hat. Allerdings gilt dies nicht bei einer zeitlichen Differenz zwischen Einzug des Mieters und Kündigung von 5 und mehr Jahren.
b) Alternativwohnung
Rechtsmissbräuchlich kann es sein, wenn der Vermieter Eigenbedarf geltend macht, obwohl er den Bedarf ohne nennenswerte Abstriche anderweitig befriedigen kann. Dies gilt insbesondere, wenn im Haus eine gleichwertige Wohnung freisteht, die den Anforderungen des Vermieters ebenso gerecht wird. Vergleichbar heißt, dass die freie Wohnung nach Lage, Größe und Zuschnitt ähnlich gut geeignet ist, wie die gekündigte Wohnung; identisch müssen die Wohnungen aber nicht sein.
Ebenso kann es rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Vermieter zwar die Wohnung des Mieters benötigt, er aber eine freie Alternativwohnung (über die er verfügen kann) nicht zu den allgemeinüblichen Konditionen als Ersatz anbietet. Der Mieter hat allerdings keinen Anspruch gegen den Vermieter auf Erteilung einer entsprechenden Auskunft.
Wichtig: |
1. Zur Überprüfung der Frage, ob der Vermieter auch andere Häuser besitzt, in denen sich mögliche Alternativwohnungen befinden, hat der Mieter ein Recht auf Grundbucheinsicht. |
2. Auf Nachfrage muss der Vermieter Auskunft darüber geben, ob er noch weiteren Grundbesitz hat. |
3. Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 4.6.2008 - VIII ZR 292/07) hat bezüglich der Pflicht des Vemieters zum Anbieten einer Alternativwohnung im Mai 2008 folgendes entschieden: Der Eigentümer, der seine Wohnung selbst nutzen will, muss dem Mieter (soweit vorhanden) eine Ersatzwohnung zur Verfügung stellen. Dies gilt aber nur bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Kündigungsfrist abgelaufen ist. Danach hat der Mieter keinen Anspruch auf eine Alternativwohnung mehr. Wird eine vergleichbare Wohnung also erst frei, wenn die Kündigungsfrist schon abgelaufen ist, ist der Vermieter nicht mehr verpflichtet, dem Mieter eine Ersatzwohnung anzubieten. |
c) Überhöhter Wohnbedarf
Eine Eigenbedarfskündigung kann auch dann rechtsmissbräuchlich sein, wenn ein weit überhöhter Wohnbedarf geltend gemacht wird. Hier kommt es darauf an, inwieweit der Vermieter seinen Wunsch nach der großen Wohnung vernünftig und nachvollziehbar begründen kann.
d) Befristeter Eigenbedarf
Es kommt durchaus vor, dass der Vermieter die Wohnung nicht auf Dauer, sondern nur vorübergehend nutzen will, z.B. weil er zeitweilig an dem Ort der Wohnung arbeitet. Hier ist genau zu prüfen, ob der Kündigungsgrund vernünftig und nachvollziehbar ist. Dies wird um so mehr der Fall sein, je länger die beabsichtigte Nutzung ist. Will der Vermieter die Wohnung über mehrere Jahre nutzen, so erscheint die Kündigung vernünftig. Ist eine kürzere Nutzungsdauer beabsichtigt, so müssen besondere Gründe für die Kündigung gegeben sein.
Die vorübergehende Nutzung kann auch in der Weise beabsichtigt sein, dass der Vermieter die Wohnung immer nur einige Tage in der Woche oder im Monat bzw. einige Monate im Jahr nutzen will. Hier wurde die Zulässigkeit der Kündigung bejaht, wenn der auswärts wohnende Mieter die Wohnung wenigstens acht bis 10 Arbeitstage pro Monat benötigt.
2. Zweckverfehlende und vernunftswidrige Eigenbedarfskündigung
Kann der Vermieter mit der gekündigten Wohnung seinen in der Kündigung behaupteten Nutzungswunsch gar nicht erfüllen, so ist die Kündigung unzulässig.
Eine Zweckverfehlung liegt z.B. vor, wenn der Vermieter die Kündigung damit begründet, die Wohnung aus- und umbauen zu wollen, er aber eine Baugenehmigung hierfür auf keinen Fall erhalten wird.
Liegen der Kündigung offensichtlich unrealistische und unvernünftige Vorstellungen des Vermieters zugrunde, so spricht man von einer vernunftswidrigen Kündigung (Bsp.: Das 62 und 60 Jahre alte Vermieterehepaar erklärt, es wolle seinen Lebensabend in einer 33 m2 großen Wohnung verbringen, wobei der eigentliche Wohnraum nur 14,4 m2 umfasst).
3. Vorgetäuschter Eigenbedarf
Macht der Vermieter bewusst wahrheitswidrige Angaben über den geltend gemachten Eigenbedarf, so liegt hierin eine Täuschung des Mieters, der den Vermieter zum Schadensersatz verpflichtet.
Ein Unterfall des vorgetäuschten Eigenbedarfs ist der vorgeschobene Eigenbedarf.
Der Eigenbedarf ist vorgeschoben, wenn der Vermieter die Wohnung wegen Eigenbedarfs kündigt, aber weder er noch die benannte Person überhaupt ernsthaft in Betracht ziehen, die Wohnung nutzen zu wollen. Dies kommt besonders oft vor, wenn zwischen Mieter und Vermieter größere Unstimmigkeiten bestehen. Ist eine solche Situation gegeben, wird das Gericht die Klage regelmäßig abweisen, wenn der Vermieter die bestehenden Zweifel an dem gelten gemachten Eigenbedarf nicht ausräumen kann.
4. Soziale Gründe, die den Eigenbedarf ausschließen
Auch soziale Gründe können zur Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung führen. So zum Beispiel, wenn der Vermieter eine Wohnung für seine Tochter haben will, die von einer 90jährigen zu 20 Prozent schwerbehinderten Frau bewohnt wird, die dort bereits 20 Jahre wohnt.
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