Geht der Ex-Ehegatte nach der Scheidung zwar einer Erwerbstätigkeit nach, reicht aber das dadurch verdiente Geld nicht für dessen gesamten Unterhalt, besteht ebenfalls ein ergänzender Unterhaltsanspruch (§ 1573 Abs. 2 BGB). Voraussetzung ist, dass der ehemalige Ehegatte wirtschaftlich leistungsfähiger ist.
Der unterhaltsberechtigte Ex-Ehegatte kann in diesem Fall als ergänzenden Unterhalt (oder: Aufstockungsunterhalt) die Differenz zwischen seinen Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen. In welcher Höhe eine Aufstockung des Unterhalts stattfindet, richtet sich nach den Lebensverhältnissen während der Ehe. Der Ex-Ehegatte soll auch nach der Ehe so leben können wie zuvor. Die Höhe des Unterhalts wird regelmäßig durch eine pauschalisierte Berechnung festgestellt. Dafür existieren verschiedene Berechnungsmethoden. Welche zur Anwendung kommt, richtet sich danach, ob der unterhaltsberechtigte Ex-Ehegatte während der Ehe ein Erwerbseinkommen hatte. War dies der Fall, erhält der Unterhaltsberechtigte z.B. 3/7 der Differenz zwischen den anrechenbaren Erwerbseinkommen der Ex-Ehepartner.
Interessant ist, dass der BGH im Juni 2001 (Az. XII ZR 343/99, Urteil vom 13.6.2001) die Berechnungsmethode des nachehelichen Unterhalts korrigiert hat. In einem Fall, bei dem eine Hausfrau während der Ehe in Teilzeit gearbeitet hatte, betrachtete der BGH erstmals die Hausfrauentätigkeit wie eine die ehelichen Lebensverhältnisse prägende Berufstätigkeit. Der ergänzende Unterhalt der Klägerin wurde aus der hälftigen Differenz zwischen dem (zum Teil fiktiven) Einkommen der Hausfrau und dem Einkommen des Exmannes errechnet. Im Ergebnis steht dem nach der Scheidung erwerbstätigen, aber unterhaltsberechtigten Ex-Ehepartner nun mehr Unterhalt zu.
Auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat sich auf die Unterhaltsberechnung ausgewirkt. 2002 wurde hier entschieden, dass es gegen Artikel 6 des Grundgesetzes verstößt, den wirtschaftlichen Wert von Kinderbetreuung und Haushaltsführung als nicht prägend für die ehelichen Lebensverhältnisse anzusehen (BVerfG, Az. 1 BvR 105/95, Urteil vom 5.2.2002)
Im Rahmen der Reform des Unterhaltsrechts zum Januar 2008 wurde Absatz 5 des § 1573 BGB gestrichen. In diesem Absatz war die Möglichkeit der zeitlichen Befristung des Aufstockungsunterhalts geregelt. Diese Möglichkeit ist damit jedoch nicht entfallen: Im neuen § 1587b BGB wird generell die Möglichkeit geschaffen, den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten der Höhe nach herabzusetzen oder zeitlich zu befristen, wenn ein voller oder unbefristeter Unterhalt unangemessen erscheint. Dabei sind die Belange von Kindern, die der Unterhaltsberechtigte erzieht, besonders zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen ist auch, ob dem Unterhaltsberechtigten durch die Ehe berufliche Nachteile entstanden sind z.B. wegen der Erziehung gemeinsamer Kinder.
Mit dem Aufstockungsunterhalt beschäftigte sich auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 25.01.2011 (Az. 1 BvR 918/10). Im verhandelten Fall waren einer Frau nach der Scheidung 614 Euro Aufstockungsunterhalt zugestanden worden. Nach der erneuten Heirat ihres Ex-Mannes setzte das Amtsgericht ihren Unterhalt gemäß der vom BGH seit 2008 angewandten Dreiteilungsmethode (Addition der Einkünfte des Unterhaltspflichtigen mit denen der Exfrau und der neuen Ehefrau und Teilung durch drei) auf 488 Euro herunter. Als auch das saarländische Oberlandesgericht dieses Urteil bestätigte, rief die Frau das Bundesverfassungsgericht an, da ihre grundgesetzlich garantierte allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) durch die Entscheidung verletzt sei. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass der Bundesgerichtshof durch die angewandte Berechnungsmethode die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschritten habe. Auch nach der Unterhaltsrechtsreform von 2008 hätten die Differenzierungen zwischen dem Unterhaltsbedarf, der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und der Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter Gültigkeit. Diese würden hier verwischt. Bei der Anwendung der Dreiteilungsmethode setze man sich zudem darüber hinweg, dass nach wie vor die Lebensverhältnisse zum Zeitpunkt der Scheidung für den Unterhaltsbedarf ausschlaggebend seien (§ 1578 Abs. 1 BGB). Als Konsequenz wird der Dreiteilungsgrundsatz in derartigen Fällen nicht mehr angewendet. Der Berechnung des Unterhaltsbedarfs sind die ehelichen Lebensverhältnisse zugrunde zu legen.
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