Die Rechte von Fahrgästen der Bahn bei Verspätung, Zugausfall etc.

Die Rechte von Fahrgästen im Bahnverkehr (Bahnreisende, Zugreisende) regelt in der Europäischen Union die direkt in den Mitgliedsstaaten anwendbare EU-Verordnung 1371/2007 oder Fahrgastrechteverordnung. In Deutschland ist die Verordnung seit 29.07.2009 in Kraft.

Die Verordnung gilt für alle Fahrten, die von einem genehmigungspflichtigen Eisenbahnunternehmen im Eisenbahnverkehr erbracht werden – also nicht nur für Fahrten mit der Deutschen Bahn AG, sondern auch für Fahrten mit Regionalbahnen oder Privatbahnen und für alle Züge von der S-Bahn bis zum ICE. Die Regelungen gelten nicht für U-Bahnen, Straßenbahnen, Busse oder Oberleitungsbusse. Auch die Beförderungsbedingungen der jeweiligen Unternehmen können Regelungen über die Rechte von Fahrgästen enthalten.

1. Schadensersatz bei Unfall mit Personenschaden

Art. 11 der Verordnung verweist auf die Regelungen in deren Anhang über die Haftung des Bahnunternehmens. Danach haftet das Eisenbahnunternehmen für Verletzungen und Todesfälle, sich bei Betrieb der Bahn oder beim Ein- und Aussteigen ereignen – sofern sich der Unfall nicht auf außerhalb des Bahnbetriebs liegende Umstände zurückführen lässt, deren Eintritt die Bahn auch bei größtmöglicher Sorgfalt nicht hätte verhindern können. Ebenso haftet das Unternehmen nicht bei Verletzungen oder Todesfällen, die der Reisende selbst verursacht (Stolpern im Zug aufgrund Unachtsamkeit), oder die ein Dritter verursacht (PKW rammt Zug am Bahnübergang). Im letzten Fall gilt jedoch: Auch hier haftet das Bahnunternehmen, wenn es den Unfall durch Anwendung ausreichender Sorgfalt hätte verhindern können (z. B.: an beschränktem Bahnübergang waren die Schranken außer Funktion). Bei Todesfällen ist den Angehörigen spätestens 15 Tage nach ihrer Ermittlung ein Vorschuss zu zahlen, der kein Anerkenntnis einer Schuld darstellt.

Nach Art. 12 der Verordnung muss ein Eisenbahnunternehmen ausreichend versichert sein, um seine gesetzlichen Haftungsrisiken abzudecken.

2. Schadensersatz für Gepäck und Tiere

Wird ein Reisender verletzt oder getötet, haftet das ihn befördernde Unternehmen auch für Verlust oder Zerstörung seines Handgepäcks. Dies gilt auch für mitgeführte Tiere. In anderen Fällen haftet das Bahnunternehmen für Handgepäck nur bei Verschulden. Bei Beschädigung oder Zerstörung von Sachen gelten Höchstgrenzen für den Schadenersatz. Vom Handgepäck unterschieden wird das Reisegepäck. Auch hier haftet das Bahnunternehmen für Beschädigung und Verlust und zusätzlich für Schäden infolge verspäteter Auslieferung – allerdings nur, wenn der Schaden nicht durch Umstände verursacht wurde, für die der Beförderer nichts kann (z. B. unzureichende Verpackung, Art des Gepäcks, als Gepäck unzulässige Gegenstände, Verschulden des Reisenden).

3. Verspätung, verpasster Anschluss, Zugausfall

Ist davon auszugehen, dass sich die Ankunft des Reisenden am Zielort um mehr als 60 Minuten verspätet, darf der Fahrgast wählen zwischen:

Die Fortsetzung der Fahrt mit geänderter Streckenführung gewährt die Deutsche Bahn bereits ab 20 Minuten zu erwartender Verspätung am Ankunftsort. Allerdings werden Einschränkungen gemacht: Andere Züge dürfen nur genutzt werden, wenn diese nicht reservierungspflichtig sind. Erheblich ermäßigte Fahrkarten wie das Schönes-Wochenende-Ticket oder die Ländertickets sind ausgenommen. Fahrkarten für den neuen Zug bzw. Produktübergänge müssen zunächst bezahlt werden, später kann man dann die Erstattung des Fahrpreises geltend machen.

Ein Fahrgast kann eine Entschädigung fordern, wenn es zwischen Abfahrts- und Zielort (laut Fahrkarte) zu einer Verspätung kommt und er keine Fahrpreiserstattung nach den oben genannten Regeln erhält. Sein Recht auf Beförderung verliert der Fahrgast durch diese Forderung nicht. Mindestentschädigung für Verspätungen:

Wurde eine Hin- und Rückfahrt gebucht und ist die Verspätung nur auf einer der beiden Fahrten aufgetreten, beträgt die Entschädigung die Hälfte des gezahlten Fahrpreises.

Für Fahrgäste, die eine Zeitkarte benutzen, verweist die Verordnung auf die Entschädigungsbedingungen des Eisenbahnunternehmens. Hier gilt nach den Beförderungsbedingungen der Bahn:

Bei Zeitfahrkarten des Nah- und Fernverkehrs gibt es eine pauschale Entschädigung pro Verspätung ab 60 Minuten:

Zeitfahrkarten des Nahverkehrs: 1,50 Euro (2. Kl.) / 2,25 Euro (1. Kl.),
Zeitfahrkarten des Fernverkehrs: 5,00 Euro (2. Kl.) / 7,50 Euro (1. Kl.),
Mobility BahnCard 100: 10,00 Euro (2. Kl.) / 15,00 Euro (1. Kl.).

Es werden insgesamt höchstens 25 Prozent des Zeitkartenwertes entschädigt. Entschädigungsbeträge unter vier Euro kommen nicht zur Auszahlung. Fahrgäste sollten die Verspätungsfälle bei Wochen- oder Monatskarten im Nahverkehr sammeln und nach Ablauf der Geltungsdauer beim Servicecenter Fahrgastrechte einreichen. Als Zeitfahrkarten des Nahverkehrs gelten auch das Schönes-Wochenende-Ticket, das Quer-durchs-Land-Ticket und die Länder-Tickets.

4. Zusätzliche Hilfeleistungen

Verspätungen bei Abfahrt oder Ankunft müssen den Fahrgästen mitgeteilt werden, sobald das Bahnunternehmen selbst informiert ist. Bei Verspätungen um mehr als 60 Minuten ist den Fahrgästen kostenlos folgendes anzubieten:

Kann eine Fahrt endgültig nicht mehr durchgeführt werden, muss der Beförderer so rasch wie möglich einen alternativen Beförderungsdienst organisieren.

Auf Anfrage des Fahrgastes muss das Unternehmen auf der Fahrkarte vermerken, dasss es eine Verspätung, einen verpassten Anschlusszug oder einen Zugausfall gegeben hat.

5. Ersatzweise Nutzung anderer Verkehrsmittel

Fahrgäste können erstatzweise andere Verkehrsmittel wie Bus oder Taxi nutzen

Die Erstattung für die Nutzung anderer Verkehrsmittel ist auf 80 Euro begrenzt.

6. Behinderte

Die Bedürfnisse von Behinderten und ihren Begleitpersonen sind von der Bahn besonders zu berücksichtigen.

7. Entschädigung bei Fremdverschulden bzw. höherer Gewalt

Eisenbahnunternehmen müssen keine Entschädigungsleistungen gewähren, wenn Verspätung oder Zugausfall durch höhere Gewalt (Erdrutsch, Überschwemmung), Verschulden Dritter (Selbstmord, Vandalismus an Gleisen und Oberleitungen) oder des Fahrgastes selbst (Verspätetes Eintreffen, Polizeieinsatz wegen Straftaten) verursacht werden. Schlechtes Wetter oder Schneefall sind generell noch keine Ausschlussgründe, wenn durch entsprechende Vorkehrungen ein geordneter Betriebsablauf gewährleistet werden kann.

8. Hinweis: Ansprüche auf Fahrpreiserstattungen gegen mehrere Eisenbahnunternehmen einschließlich der Deutschen Bahn AG können über das Servicecenter Fahrgastrechte geltend gemacht werden:
http://www.fahrgastrechte.info/Das-Service-Center-Fahrgastrec.21.0.html

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