Unterhalt für Eltern (Elternunterhalt) / Großeltern etc.

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Nach § 1601 BGB muss gegebenenfalls auch Unterhalt für Verwandte in gerader Linie gezahlt werden. Verwandt in gerader Linie sind Personen, die voneinander abstammen (z.B. Großvater, Großmutter, Vater, Muter, Sohn, Tochter). Häufigster Anwendungsfall in der Praxis ist der Elternunterhalt.

Die Höhe des Verwandtenunterhaltes richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles und kann bis an die Grenze des Selbstbehalts heranreichen.

Nach den Richtwerten aus dem Anhang der Düsseldorfer Tabelle (ab 1.1.2011) beträgt der angemessene Selbstbehalt gegenüber den Eltern mindestens 1.500 Euro im Monat (was 450 Euro Warmmiete einschließt) zuzüglich der Hälfte des darüber hinaus gehenden Einkommens.

Der angemessene Unterhalt des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammen wohnenden Ehegatten beträgt mindestens 1.200 Euro im Monat inklusive 350 Euro Warmmiete und richtet sich im Einzelfall jeweils nach den ehelichen Lebensverhältnissen und nach dem Halbteilungsgrundsatz.

Die frühere unterschiedliche Berechnung des Unterhalts für die alten und die neuen Bundesländer ist zum 1.1.2008 entfallen.

Träger von Sozialleistungen können in manchen Fällen für Leistungen an ältere Mitbürger deren Kinder in Regress nehmen.

Hier drei interessante Urteile zum Unterhalt für Eltern (= Elternunterhalt):

1. Bundesgerichtshof (Aktenzeichen: XII ZR 69/01, vom 14.1.2004):

Gutverdienende müssen einen Teil ihrer «Sparquote» für die Heim- und Pflegekosten ihrer betagten Eltern einsetzen. Der Bundesgerichtshof bestätigte zwar in einem Fall aus dem Jahr 1999, dass erwachsenen Kindern beim Unterhalt für ihre Eltern - sog. Elternunterhalt - ein Mindestbetrag von damals 2.250 Mark (1.150 Euro) verbleiben müsse. Wer aber durch das Einkommen des Ehegatten finanziell abgesichert sei, müsse auch über diesen «Selbstbehalt» hinaus etwas vom eigenen Verdienst für die Heimkosten der Eltern abgeben. Der Teil, der eigentlich für die Vermögensbildung gedacht sei - im Bundesdurchschnitt rund 10 Prozent des Einkommens -, stehe für den Elternunterhalt grundsätzlich zur Verfügung.

Damit gab der BGH dem Kreis Recklinghausen Recht, der für die Heimkosten einer - inzwischen gestorbenen - 91-Jährigen bei deren Tochter teilweise Regress nehmen wollte. Das Oberlandesgericht Hamm hatte der Klage nur in Höhe von 88 Euro monatlich stattgegeben, weil das - wegen der ungünstigen Steuerklasse gerichtlich nach oben korrigierte - Einkommen der Tochter nur in dieser Höhe über dem damals geltenden Selbstbehalt gelegen habe. Eine weiter reichende Haftung im Hinblick auf das höhere Einkommen des Ehemannes (knapp 2.000 Euro netto pro Monat) lehnte das OLG ab, weil dies zu einer verschleierten «Schwiegersohnhaftung» führe. Denn nur die Kinder, nicht aber deren Ehepartner seien den Eltern zum Unterhalt verpflichtet.

Dem folgte der BGH nicht. Weil die Eheleute untereinander ebenfalls zum Unterhalt verpflichtet seien, sei das Auskommen der Frau auch auf diesem Wege gesichert. Dass bei diesen Einkommensverhältnissen alles in den laufenden Lebensunterhalt fließe, sei nicht anzunehmen, zumal die Sparquote in Deutschland rund 10 Prozent betrage. Das OLG mußte darauf hin erneut prüfen, in welcher Höhe das eigene Einkommen der Frau für den Elternunterhalt benötigt wurde.

2. Bundesverfassungsgericht (Az.: 1 BvR 1508/96, vom 7.6.2005):

Erwachsene Kinder müssen für ihre im Pflegeheim untergebrachten Eltern nur in beschränktem Maß Unterhalt zahlen. Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass der so genannte Elternunterhalt nur nachrangiges Gewicht hat. Denn die mittlere Generation sehe sich in der Regel den vorrangigen Unterhaltsansprüchen der eigenen Kinder ausgesetzt und müsse sich zudem um die eigene Altersvorsorge kümmern. Das Gericht gab einer 66-jährigen Frau im Streit um Regressforderungen des Bochumer Sozialamts Recht.

Die Behörde war für die Heimunterbringung der Mutter der Beschwerdeführerin aufgekommen und forderte nach deren Tod knapp 63.000 Euro von der Tochter, die ihrer Ansicht nach zum Unterhalt verpflichtet war. Weil diese zu wenig verdiente, behalf sich das Sozialamt mit einem Trick: Die Unterhaltsforderung sollte ihr bis zu ihrem eigenen Tod gestundet werden, danach wollte sich die Behörde - über eine Grundschuld - an der Immobilie der Frau schadlos halten.  Das Landgericht Duisburg bestätigte diese Konstruktion. Anders jedoch das Bundesverfassungsgericht: Nach Ansicht der Karlsruher Richter entbehrt diese - bundesweit einzigartige - Vorgehensweise jeder Rechtsgrundlage.

3. Bundesgerichtshof (Aktenzeichen: XII ZR 148/09 - Urteil vom 15.09.2010):

Erwachsene Kinder müssen grundsätzlich für den Unterhalt ihrer pflegebedürftigen Eltern aufkommen. Dies gilt auch dann, wenn sie bei ihnen keine schöne Kindheit hatten. Eine schicksalsbedingte Krankheit eines Elternteils und deren Auswirkungen auf die Kinder könne es nicht rechtfertigten, die Unterhaltslast auf den Staat abzuwälzen. Eine psychische Erkrankung der Eltern könne nicht als ein schuldhaftes Fehlverhalten betrachtet werden, aus dem sich ein Wegfall des Unterhaltsanspruches gegenüber der Kinder ergeben würde. Ein Wegfall der Unterhaltspflicht der Kinder bleibe auf Ausnahmefälle beschränkt, denn das Gesetz fordere grundätzlich familiäre Solidarität.

In konkreten Fall hatte die Stadt Gelsenkirchen von dem 48-jährigen Sohn seiner inzwischen verstorbenen, psychisch kranken Mutter, die in einem Pflegeheim untergebracht war, Heimkosten in Höhe von 40.000 Euro gefordert. Diese Kosten hatte die Stadt zunächst übernommen. Der Sohn verweigerte die Inanspruchnahme wegen Elternunterhaltes. Dies begründete er damit, dass seine an Schizophrenie leidende Mutter ihn als Kind nie gut behandelt habe. Aus seiner Sicht stelle es eine unbillige Härte dar, wenn er gegenüber der Stadt für den Unterhalt der Mutter aufkommen müsse. Das Gericht teilte diese Ansicht nicht.

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