Pflichtteil - Anrechnung und Ausgleichung von lebzeitigen Schenkungen des Erblassers

Schenkungen, die der Erblasser zu Lebzeiten gemacht hat, führen je nach Fallgestaltung dazu, dass sie auf den Pflichtteil des Beschenkten anzurechnen oder unter den Pflichtteilsberechtigten auszugleichen sind.

1. Anrechnung von Schenkungen auf den Pflichtteil

Hat der Erblasser mit der Schenkung nicht das Ziel, die eigentlichen Erben zu benachteiligen, sondern will er mit der Schenkung nur bestimmte pflichtteilsberechtigte Personen unterstützen, so müssen sich diese die Schenkung anrechnen lassen, wenn der Erblasser dies bei der Schenkung bestimmt hat, § 2315 BGB.

Zu beachten ist aber insoweit, dass der Erblasser die Anrechnung gleichzeitig mit der Schenkung festlegen muss. Tut er dies nicht, wird die Zuwendung bei der Berechnung des Pflichtteils nicht berücksichtigt. Tipp: Um spätere Streitereien zu vermeiden, sollte dies auf jeden Fall schriftlich geschehen. In einem späteren Testament ist die Festlegung der Zuwendung nicht mehr möglich.

Tipp:
Um spätere Streitereien zu vermeiden, sollte dies auf jeden Fall schriftlich geschehen. In einem späteren Testament ist die Festlegung der Zuwendung nicht mehr möglich.

Die Berechnung geschieht, indem das Geschenk dem Nachlass hinzugerechnet wird. Dann wird aus dem so ermittelten Nachlasswert der erhöhte Pflichtteil des Pflichtteilsberechtigten errechnet und von diesem die Zuwendung als bereits empfangen abgezogen. 

Beispiel:
Frau A hinterlässt zwei Kinder, die B und den C. Der Nachlass hat einen Wert von 40.000 Euro. Die B ist zum Alleinerben eingesetzt. C hat zu Lebzeiten einen Betrag von 10.000 Euro erhalten, der auf den Pflichtteil angerechnet werden soll. Der Nachlasswert beträgt mithin 50.000 Euro.
Daraus ergibt sich ein gesetzlicher Erbteil jedes Kindes von 25.000 Euro; der Pflichtteil beträgt also 12.500 Euro. Der C hat mithin gegen die B einen Pflichtteilsanspruch von 2.500 Euro, da die bereits erhaltenen 10.000 Euro auf den Pflichtteil anzurechnen sind.
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Wichtig:
Wenn die Schenkung einen höheren Wert hatte als der Pflichtteil, besteht keine Herausgabepflicht hinsichtlich des übersteigenden Betrages. Eine Ausnahme hiervon besteht aber, wenn andere Personen einen Pflichtteilergänzungsanspruch geltend machen. 

2. Ausgleichung von Schenkungen

Zeit durch Mitarbeit in Haushalt, Beruf, Geschäft, durch Geldzuwendungen oder in anderer Weise dazu beigetragen, dass das Vermögen des Erblassers vermehrt oder abgesichert wurde, hat er nach § 2057a BGB einen Ausgleichsanspruch gegenüber den anderen Abkömmlingen. Diesen Anspruch besitzt er allerdings nicht, wenn er für seine Leistungen angemessen bezahlt worden ist. Die Höhe des Ausgleichsanspruches orientiert sich an der Höhe des Nachlasses sowie an Dauer und Umfang der erbrachten Leistungen. Im Rahmen der Erbauseinandersetzung wird der Ausgleich zum Erbteil des ausgleichsberechtigten Miterben dazugerechnet. Alle Ausgleichsbeträge werden vom Wert des Nachlasses abgezogen, soweit dieser den Miterben zukommt, unter denen der Ausgleich vorgenommen wird.

Ein Abkömmling hat auch dann einen Ausgleichsanspruch, wenn er den Erblasser über längere Zeit gepflegt hat. Seit Januar 2010 ist nicht mehr Voraussetzung, dass diese Pflegeleistung unter Verzicht auf eine eigene Berufstätigkeit oder unter Inkaufnahme einer Einkommensschmälerung erfolgt ist. Die betreffende Regelung findet sich in § 2057a Abs. 1 Satz 2 BGB. Auf die Neueinführung eines ursprünglich diskutierten § 2057b BGB wurde verzichtet.

c) Hat der Erblasser bei einem Geschenk die Anrechnung auf den Pflichtteil angeordnet (siehe oben 1.), wird zunächst der Pflichtteil unter Berücksichtigung der Ausgleichspflicht berechnet, das Geschenk dann aber nur mit der Hälfte seines Wertes vom Pflichtteil abgezogen. Auf diese Weise wird ein doppelter Abzug des Geschenkes vermieden.

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