Erbschaftssteuer - Wie wird der Wert des Nachlasses ermittelt?

Grundlage für die Wertermittlung ist die tatsächliche Bereicherung des Steuerpflichtigen - der sogenannte steuerpflichtige Erwerb. Um diesen zu ermitteln,  wird in einem ersten Schritt der Wert des Nachlasses bzw. aller Nachlassgegenstände ermittelt. Maßgeblich  ist der Zeitpunkt des Erwerbs. Steht der Nachlasswert fest, sind in einem zweiten Schritt etwa vorhandene Nachlassverbindlichkeiten in Abzug zu bringen. Das Ergebnis ist der Nachlasswert, der der Erbschaftssteuer unterliegt.

I. Ermittlung des Nachlasswertes

Wichtig: Wichtig: Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss (BVerfG 7.11.2006, 1 BvL 10/02) entschieden, dass das damalige Erbschaftsteuerrecht verfassungswidrig war. Die Berechnung der Erbschaftsteuer u.a. bei Grundvermögen verstieß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs.1 Grundgesetz, da insoweit an Werte angeknüpft wurde, die teilweise erheblich unter dem gemeinen Wert dieser Vermögensgegenstände lagen. Der Gesetzgeber musste aus diesem Grund bis zum 31.12.2008 eine verfassungsgemäße Neuregelung treffen. Bis dahin galt das frühere Recht weiter.

1. Nachlass - Wert von Immobilien (unbebaute und bebaute Grundstücke)

Der Nachlasswert von Grundstücken richtet sich seit 01.01.2009 nach dem 6. Abschnitt des Bewertungsgesetzes.

a) Bewertung unbebauter Grundstücke

Die Bewertung unbebauter Grundstücke orientiert sich nach § 179 BewG an ihrer Fläche und den von Gutachterausschüssen jeweils zuletzt ermittelten Bodenrichtwerten. Diese richten sich nach den in einem Gemeindegebiet durchschnittlich erzielten Grundstückspreisen. Hat der Gutachterausschuss keinen Bodenrichtwert festgelegt, kann dieser aus den Werten vergleichbarer Grundstücke ermittelt werden. Ein Abschlag findet nicht mehr statt. Unbebauten Grundstücken gleichgestellt sind nicht mehr nutzbare Bebauungen.

b) Bewertung bebauter Grundstücke

Die Bewertung bebauter Grundstücke orientiert sich je nach Grundstücksart am Vergleichswert-, Ertragswert- oder Sachwertverfahren.

Nach dem Vergleichswertverfahren (siehe unten aa) richtet sich die Bewertung von:

- Eigentumswohnungen,
- Teileigentum,
- Ein- und Zweifamilienhäusern.

Nach dem Ertragswertverfahren (siehe unten bb) bewertet man:

- Mietwohngrundstücke,
- Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt.

Das Sachwertverfahren (siehe unten cc) ist relevant für:

- die sonst nach dem Vergleichswertverfahren zu bewertenden Grundstücke, wenn kein Vergleichswert feststellbar ist,
- Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt keine übliche Miete ermitteln lässt,
- sonstige bebaute Grundstücke.

aa) Vergleichswertverfahren (§ 183 BewG):

Dabei werden Kaufpreise von Grundstücken herangezogen, die hinsichtlich ihrer wertbezogenen Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück ausreichend übereinstimmen. Grundlage sind erstrangig die von den Gutachterausschüssen im Sinne der §§ 192 ff. des Baugesetzbuchs mitgeteilten Vergleichspreise.

Anstelle von Preisen für Vergleichsgrundstücke können auch sogenannte Vergleichsfaktoren verwendet werden, die die Gutachterausschüsse für geeignete Bezugseinheiten, insbesondere Flächeneinheiten des Gebäudes, ermittelt haben. Besonderheiten wie den Wert beeinflussende Belastungen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art werden im Vergleichswertverfahren hier nicht berücksichtigt.

bb) Ertragswertverfahren (§ 184 BewG):

Beim Ertragswertverfahren werden Gebäudeertragswert und Bodenwert getrennt voneinander ermittelt. Bodenwert plus Gebäudeertragswert ergeben den Ertragswert des Grundstücks für die Besteuerung.

Den Bodenwert erhält man nach folgender Formel:

Bodenrichtwert laut Gutachterausschuss
x Grundstücksfläche
= Bodenwert

Den Gebäudeertragswert erhält man nach folgender Formel:

  Rohertrag des Grunstücks (vertraglich vereinbartes Entgelt für Nutzung von 12 Monaten ohne Betriebskostenumlage, für selbst genutzte oder ungenutzte Grundstücke die übliche Miete)
- Bewirtschaftungskosten (bei gewöhnlicher Bewirtschaftung nachhaltig entstehende Verwaltungskosten, Betriebskosten, Instandhaltungskosten und Mietausfallwagnis; nicht aber durch Umlagen gedeckte Betriebskosten)
= Reinertrag des Grundstücks
- Bodenwertverzinsung (Liegenschaftszinssatz nach § 188 BewG)
= Gebäudereinertrag
x Vervielfältiger (nach Anl. 21 zum BewG, maßgeblich dafür sind Liegenschaftszinssatz und Restnutzungsdauer)
= Gebäudeertragswert

Den der Besteuerung zugrunde liegenden Ertragswert erhält man nach folgender Formel:

Bodenwert (wie oben ermittelt)
+ Gebäudeertragswert (wie oben ermittelt)
= der Besteuerung zugrunde liegender Ertragswert

cc) Sachwertverfahren (§ 189 BewG)

Beim Sachwertverfahren ermittelt man den Gebäudesachwert und den Bodenwert getrennt. Dann addiert man beide, multipliziert das Ergebnis mit einer Wertzahl und erhält den Grundbesitzwert. Rechenweg:

1. Schritt  
Bodenrichtwert laut Gutachterausschuss
x Grundstücksfläche
= Bodenwert

2. Schritt  
  Flächenpreis (Regelherstellungskosten pro Flächeneinheit nach Anl. 24 zum BewG)
x Bruttogrundfläche
= Gebäuderegelherstellungswert
- Alterswertminderung (unter Berücksichtigung der Gesamtnutzungsdauer nach Anl. 22 zum BewG)
= Gebäudesachwert

3. Schritt  
Bodenwert (wie oben ermittelt)
x Gebäudesachwert (wie oben ermittelt)
= Vorläufiger Sachwert

4. Schritt  
Vorläufiger Sachwert (wie oben ermittelt)
x Gebäudesachwert (wie oben ermittelt)
= der Besteuerung zugrunde liegender Grundbesitzwert

Wichtig: Wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der Verkehrswert niedriger ist, so ist dieser Wert Besteuerungsgrundlage.

Ermäßigung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke

Nach § 13c ErbStG sind bebaute Grundstücke oder Grundstücksteile, die zum Zwecke des Wohnens vermietet werden, nur mit 90 Prozent des nach den obigen Ausführungen zu ermittelnden Wertes anzusetzen. Voraussetzung: Das Grundstück liegt im Inland, in der EU oder im EWR (Europäischer Wirtschaftsraum). es darf ferner nicht zum begünstigten Betriebsvermögen gehören. Nicht in Anspruch nehmen können diese Vergünstigung Erben, die das Grundstück infolge letztwilliger Verfügungen des Erblassers gleich auf jemand anderen weiter übertragen müssen.

2. Nachlass-Wert von Wertpapieren

Wertpapiere werden nach ihrem Kurswert zum Stichtag bewertet, also mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs.

3. Kapitalforderungen und Schulden

Kapitalforderungen und Schulden werden im Regelfall mit dem Nennwert bewertet.

4. Bewertung von Nutzungsrechten

Nutzungsrechte sind z.B. Wohnrechte, Renten oder ein Nießbrauch.

a) Zunächst ist der Jahreswert des Nutzungsrechts zu ermitteln. Bei einem Wohnrecht in einem Mietshaus ist der Jahreswert zum Beispiel der jährliche mittlere Mietzins für eine vergleichbare Wohnung am gleichen Ort (§ 15 Abs. 2 BewG).

Nach oben ist der Jahreswert begrenzt: Gemäß § 16 Bewertungsgesetz darf der Jahreswert nicht den nach dem Bewertungsgesetz ermittelten und durch 18,6 geteilten Wert des erworbenen Gegenstandes übersteigen.

b) Nachdem der Jahreswert ermittelt wurde, muss der Kapitalwert ermittelt werden. Er ergibt sich aus der Multiplikation des Jahreswertes mit einem sich aus dem Bewertungsgesetz und seinen Anlagen ergebenden Wert. Dieser Wert ist abhängig von Alter und Geschlecht des Begünstigten und danach, ob die Zuwendung in ihrer Dauer beschränkt ist.

5. Nachlass - Wert von Lebensversicherungen

Hier ist zunächst wie folgt zu unterscheiden: Hat der Erblasser in dem Versicherungsvertrag keinen Bezugsberechtigten benannt, fällt die Lebensversicherung in den Nachlass. Dann zahlen alle Erben abhängig von ihrer Erbquote hierfür Erbschaftssteuern.
Ist im Versicherungsvertrag ein Bezugsberechtigter benannt, fällt die Versicherung nicht in den Nachlass. Erbschaftssteuern sind somit nur vom Bezugsberechtigten auf die Versicherungsleistung zu zahlen (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG).

Ist eine Lebensversicherung durch den Tod des Versicherten fällig geworden, wird sie zum Zwecke der Besteuerung mit dem Nennwert bewertet (§ 12 Abs. 1 BewG).

Die Wertberechnung für noch nicht fällige Ansprüche aus Lebens-, Kapital- und Rentenversicherungen erfolgt seit 01.01.2009 auf der Grundlage des Rückkaufswertes (nicht mehr: des Zweidrittelwertes) der jeweiligen Versicherung (§ 12 Abs. 4 BewG).

II. Abzug der Nachlassverbindlichkeiten

Hat der Erblasser Nachlassverbindlichkeiten hinterlassen (dies ist in der Regel der Fall), so sind diese von dem ermittelten Nachlasswert abzuziehen. Gemäß § 10 Abs. 5 ErbStG sind folgende Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig:

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