Folgen der Scheinselbständigkeit für den Auftraggeber

 

Für den Auftraggeber hat die Scheinselbständigkeit eines "freien Mitarbeiters" sehr weitreichende Folgen. Zu beachten ist, dass diese Folgen nicht nur für den Hauptauftraggeber, sondern unter Umständen auch für die, die nur kleinere Aufträge an den Scheinselbständigen gegeben haben, gelten. Der vermeintlich "freie Mitarbeiter" wird zum Arbeitnehmer, der Auftraggeber zum Arbeitgeber und zwar mit allen dazugehörigen (Zahlungs-) Verpflichtungen:

1. Der Auftraggeber muss die gesamten Sozialversicherungsabgaben nachzahlen und zwar rückwirkend für bis zu 4 Jahre. Dabei muss der Arbeitgeber sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmeranteile übernehmen. Lediglich die Arbeitnehmeranteile für die vergangenen drei Monate kann er mit dem Gehalt seines "neuen" Angestellten verrechnen. Berechnungsgrundlage für die Ermittlung der Beitragshöhe ist das gezahlte Honorar, das als Nettogehalt betrachtet wird.

Hinweis: Die Versicherungspflicht für die Vergangenheit kann vermieden werden, wenn

a) innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit der Klarstellungsantrag an die Clearingstelle gestellt wurde, der Beschäftigte der Entscheidung zustimmt und er in der Vergangenheit gleichwertige Vorsorge getroffen hatte,

b) im übrigen, wenn der Beschäftigte der Entscheidung zustimmt, er eine gleichwertige Vorsorge in der Vergangenheit getroffen hatte und wenn er oder sein Arbeitgeber weder vorsätzlich noch grob fahrlässig von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen sind.

2. Wird auch umsatzsteuerlich die Unternehmereigenschaft des "freien Mitarbeiters" verneint, war er nicht zum Ausweis von Umsatzsteuer in seinen Rechnungen berechtigt. Folglich war und ist der Vorsteuerabzug für den Auftraggeber unzulässig und die abgezogene Vorsteuer muss für alle noch nicht veranlagten Jahre zurückgezahlt werden.

3. Wird auch einkommenssteuerlich die Unternehmereigenschaft des "freien Mitarbeiters" verneint und bestehen aus diesen Jahren Einkommenssteuerschulden, so haftet der Auftraggeber auch dafür. Und zwar bis zur Höhe der Lohnsteuern, die er eigentlich hätte an das Finanzamt abführen müssen, wenn er den Scheinselbständigen als Arbeitnehmer abgerechnet hätte.

4. Wird auch arbeitsrechtlich die Arbeitnehmereigenschaft des "freien Mitarbeiters" bejaht, so genießt der Scheinselbständige alle Rechte eines Arbeitnehmers, inklusive Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Der "neue" Angestellte hat ein Anrecht auf ein Nettogehalt in der Höhe des bisherigen Honorars.

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