Bewerbung - Fragerecht des Arbeitgebers

1. Grundsatz

Der Arbeitgeber darf grundsätzlich nach solchen Tatsachen fragen, die mit der in Frage stehenden Tätigkeit zusammenhängen. Nur insoweit hat er eine sachliche Rechtfertigung, Angaben über die Individualsphäre des Bewerbers zu erfragen. Bei der Einstellung geht es nur darum, ob der Bewerber voraussichtlich auf dem für ihn vorgesehenen Arbeitsplatz gute Arbeit leisten wird. Darüber hinausgehende Fragen des Arbeitgebers sind nicht erlaubt.

2. Einzelne Fallgruppen

a) Frage nach beruflichem Werdegang und Vergütung

Der Arbeitgeber ist berechtigt, nach dem beruflichen Werdegang des Bewerbers zu fragen. Dazu gehören auch die erworbenen Qualifikationen. Dies gilt jedenfalls in dem Fall, wenn eine Anlernzeit vorgesehen ist oder die in Aussicht genommene Tätigkeit besondere Fähigkeiten und Kenntnisse voraussetzt.
Gibt es aber aufgrund von Umständen, die dem Arbeitgeber nicht mitgeteilt werden müssen, ein "Loch" in der Biographie, so kann der Arbeitnehmer eine normale Tätigkeit einsetzen.

Beispiel:
Ein Arbeitnehmer bewirbt sich im Jahr 1999 als Informatiker. Er verschweigt, dass er sechs Monate des Jahres 1997 wegen eines Körperverletzungsdeliktes inhaftiert war. Er kann für diese Zeit in seinem Lebenslauf angeben, dass er arbeitslos war, oder das er als Informatiker gearbeitet hat. Er darf aber nicht angeben, dass er in dieser Zeit einen Auslandsaufenthalt zur Perfektionierung seiner Kenntnisse eingelegt hat.

Hierher gehören aber nur solche Informationen, die für die vorgesehene Tätigkeit von Bedeutung sind. Deshalb hat der Arbeitgeber auch kein Fragerecht nach der Höhe der bisherigen Vergütung.

b) Frage nach Schwangerschaft

Fragen des Arbeitgebers nach einer Schwangerschaft sind grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme wird nur dann gemacht, wenn die Tätigkeit gar nicht aufgenommen werden darf oder die Gesundheit von Mutter und Kind gefährdet wird.

c) Frage nach Schwerbehinderung

Die Frage nach der Anerkennung als Schwerbehinderter oder als Gleichgestellter wurde vom BAG zugelassen. Das Grundgesetz regelt allerdings seit 1994 in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG Benachteiligungen Behinderter ausdrücklich. Da Benachteiligungen nach einer solchen Auskunft im Arbeitsleben nicht auszuschließen sind, bestehen gegen die Zulässigkeit der Frage erhebliche Bedenken.

d) Frage nach gesundheitlichen Einschränkungen

Der Arbeitnehmer muss über solche Krankheiten, die inzwischen überwunden sind, keine Auskunft erteilen. Dies gilt jedenfalls soweit, als keine wesentlichen Nachwirkungen zurückgeblieben sind. 

Auch hinsichtlich der gegenwärtigen gesundheitlichen Verfassung darf der Arbeitgeber nicht jede Frage stellen. Auch hier gilt: Nur Fragen, die für die vorgesehene Tätigkeit von Bedeutung sind, dürfen gestellt werden (z.B. Bandscheibenschaden bei einem Fernfahrer). Selbstverständlich muss der Arbeitgeber ansteckende Krankheiten mitteilen.

Soweit es um wiederkehrende Krankheiten (Migräne, Allergien, Hexenschuss) geht, hat der Arbeitgeber nur insoweit ein Fragerecht, als es um solche Abweichungen vom "normalen" Gesundheitszustand geht, die den Arbeitgeber auch zur Kündigung berechtigen würden.

e) Frage nach Vorstrafen

Es ist entschieden, dass der Arbeitnehmer nur über solche Vorstrafen Auskunft geben muss, die sich am Arbeitsplatz wiederholen könnten. Im übrigen hat der Arbeitgeber kein Fragerecht.
Auch einschlägige Vorstrafen müssen aber nicht angegeben werden, wenn die Strafe aus dem Bundeszentralregister getilgt ist. Ebenso darf nicht nach verjährten Straftaten gefragt werden oder wenn die Straftat wegen einer Amnestie nicht mehr verfolgt werden kann.

f) Fragen nach Tatsachen, die "diskriminierungsverdächtig" sind

Grundsätzlich darf den Arbeitgeber weder interessieren, ob der Bewerber Mitglied einer Gewerkschaft ist noch, welche Konfession er hat oder ob er einer Partei angehört und wenn welcher.
Ausnahmsweise sind solche Fragen insoweit zulässig, als es für die Tätigkeit gerade auf diese Eigenschaft ankommt (z.B. Anstellung bei einer Gewerkschaft, Partei oder Kirche).

g) Fragen nach Alkohol- und Drogenabhängigkeit

Beim Abschluss des Arbeitsvertrags ist der Arbeitnehmer grundsätzlich nur dann verpflichtet, dem Arbeitgeber seine Alkohol- und Drogenabhängigkeit mitzuteilen, wenn er seine arbeitsvertraglichen Pflichten aufgrund seiner Sucht nicht erfüllen kann. Bei einer Bewerbung als Kraftfahrer besteht wegen der abstrakten Gefahr des Führens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholgenuss auch ungefragt eine Mitteilungspflicht.

3. Recht zur Lüge

Stellt der Arbeitgeber unzulässige Fragen, so darf der Bewerber die Antwort nicht nur verweigern. Vielmehr darf er bei der Beantwortung der Frage lügen. Andernfalls wäre das Bewerbungsgespräch auch schnell beendet und zwar in jedem Fall ohne den für den Bewerber gewünschten Ausgang. 

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