Einführung in das deutsche Recht - Bürgerliches Recht

1. Geschichte des Bürgerlichen Rechts

Das deutsche Zivilrecht wurde wie auch die Rechtssysteme anderer europäischer Länder stark beeinflusst durch die Rezeption des römischen Rechts zwischen 13. und 15. Jahrhundert. Italienische Rechtsschulen beschäftigten sich mit der von Kaiser Justinian im 6. Jahrhundert geschaffenen Rechtssammlung des „corpus iuris civilis“. Rechtswissenschaftler wie Bartolus de Saxoferrato (1314-1357) und Baldus de Ubaldis (1327-1400) begründeten dabei die Schule der Kommentatoren, die eine praxisorientierte Kommentierung der Rechtstexte betrieb. Auch deutsche Studenten erlernten in Italien die Methoden der Rechtswissenschaft. Das römische Recht wurde in Deutschland in Bereichen angewendet, in denen lokale Rechtssysteme keine Lösungen boten. Zur Zeit der Aufklärung setzte sich das Vernunftrecht durch. Das römische Recht wurde im „usus modernus“ neu ausgelegt. Herausragende Gesetzbücher dieser Zeit waren das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794 und der französische Code Civil von 1804, der auch von deutschsprachigen Ländern wie dem Großherzogtum Baden übernommen wurde. Während der Zeit der Aufklärung herrschte das vernunftrechtliche Denken vor, welches als vernünftig erkannte und ewig gültige Rechtssätze in den Vordergrund stellte. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts sprachen sich die Mitglieder der historischen Rechtsschule, z.B. Carl v. Savigny, (1779-1861) gegen diese Ansicht aus und befürworteten eine Rückbesinnung auf das römische Recht. Ein eigenständiges deutsches Privatrecht wollten Wissenschaftler wie Otto von Gierke (1841-1921) entwickeln; es wurden Modelle wie das der Genossenschaft entwickelt und – beeinflusst durch die Industrialisierung - soziale Überlegungen einbezogen. Am 1.1.1990 trat das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in Kraft, das noch heute gilt, aber ständigen Änderungen unterworfen ist.

2. Heutiges Zivilrecht

Das Bürgerliche Gesetzbuch besteht aus fünf Büchern und beginnt mit einem Allgemeinen Teil. Die Regelungen dieses Teils gelten für die Vorschriften aller anderen vier Bücher. Es definiert natürliche und juristische Personen, regelt das Vereinsrecht und bestimmt, wer geschäftsfähig ist und wann Geschäftsunfähigkeit eintritt. Ein wichtiger Abschnitt widmet sich den Willenserklärungen, die etwa beim Abschluss eines Vertrages abgegeben werden. Der Allgemeine Teil bestimmt, unter welchen Voraussetzungen und innerhalb welcher Fristen Willenserklärungen angefochten werden können. Auch Vertretung und Vollmacht werden im Allgemeinen Teil behandelt. Wichtig sind ferner die Verjährungsregelungen. Zivilrechtliche Ansprüche verjähren in Deutschland grundsätzlich in 30 Jahren, es gibt jedoch für verschiedene Bereiche kürzere Verjährungsfristen.

Das zweite Buch – Schuldrecht – regelt die Beziehungen zwischen Personen. Im Vordergrund stehen dabei Vertragsverhältnisse und die Rechtsfolgen unerlaubter Handlungen. In § 242 BGB findet sich eine zentrale Vorschrift: Danach muss eine geschuldete Leistung so bewirkt werden, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Es handelt sich dabei um eine Generalklausel, mit der Fälle geregelt werden sollen, die von keiner anderen Regelung erfasst werden. § 249 und die folgenden Vorschriften definieren den Schadenersatz und seinen Umfang. Das zweite Buch enthält auch Regelungen über spezielle Schuldverhältnisse, wie den Kauf- oder Mietvertrag. Arbeitsrechtliche Regelungen finden sich in den §§ 611 ff.

Es folgt das Sachenrecht, welches das Verhältnis zwischen Personen und Sachen betrifft. Hier werden Besitz und Eigentum definiert. Das Sachenrecht enthält die zentralen Vorschriften über Besitz und Übertragung von Grundstücken; hier werden Rechtsinstitute wie die Hypothek oder die Grundschuld dargestellt. Das Familienrecht regelt Verlobung, Eheschließung, Ehescheidung, Unterhalt und Kindschaftsrecht. Das fünfte Buch des BGB ist dem Erbrecht gewidmet. Es regelt z.B. die gesetzliche Erbfolge und trifft Bestimmungen über Testamente und die Testamentsvollstreckung.

3. Zivilprozessrecht

Die Zivilprozessordnung (ZPO) bestimmt, dass die Klage gegen eine Person am Ort ihres Wohnsitzes zu führen ist. Der Gerichtsstand juristischer Personen wird durch den Sitz ihrer Verwaltung bestimmt. Niederlassungen größerer Unternehmen können einen eigenen Gerichtsstand an ihrem Sitz haben. Für bestimmte Fälle gibt es spezielle Gerichtsstände, so ist z.B. für Klagen über die Belastung eines Grundstückes das Gericht des Ortes zuständig, an dem sich das Grundstück befindet. Die ZPO definiert, welche Personen prozessfähig sind. Sie erlaubt mehreren Personen, die in gleicher Sache klagen wollen, gemeinsam als Streitgenossen vorzugehen. § 78 ZPO regelt, dass vor den Zivilgerichten mit Ausnahme des Amtsgerichtes Anwaltszwang herrscht. Für bestimmte Familiensachen – z.B. die Ehescheidung vor der familiengerichtlichen Abteilung des Amtsgerichtes – besteht ebenfalls Anwaltszwang. Vor dem Arbeitsgericht besteht kein Anwaltszwang; vor dem Landes- und Bundesarbeitsgericht muss jedoch ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden.

Die Gerichtszuständigkeit in erster Instanz richtet sich nach dem Streitwert; für Klagen mit einem Streitwert von bis zu 5.000 Euro oder Mietangelegenheiten sind die Amtsgerichte zuständig, bei höheren Streitwerten muss vor den Landgerichten geklagt werden. Dies ist im Gerichtsverfassungsgesetz geregelt (§ 23 GVG).

Grundsätzlich muss nach der ZPO die unterlegene Partei die Prozesskosten tragen. In Fällen, in denen nur ein Teilanspruch zugestanden wird, wird eine Kostenaufteilung vorgenommen. Die genauere Bestimmung der Gerichtskosten regelt das Gerichtskostengesetz (GKG), die der Anwaltskosten eine Gebührenordnung (BRAGO). Finanzschwache Parteien können eine staatliche Prozesskostenhilfe beantragen.

Darüber hinaus regelt die ZPO den Ablauf des gesamten Gerichtsverfahrens von der Einreichung der Klageschrift bis zum Urteil. Sie enthält auch Bestimmungen über die Beweisaufnahme. Beweis erhoben werden kann durch einen Ortstermin, durch die Einvernahme von Zeugen und Sachverständen, durch private oder öffentliche Urkunden und Parteivernehmung. Das Gericht kann Zeugen oder zu vernehmende Parteien darauf vereidigen, die Wahrheit zu sagen. Der Meineid oder die uneidliche Falschaussage vor Gericht sind Straftatbestände.

Die ZPO regelt ferner die Rechtsmittel. Im Zivilrecht stehen als Rechtsmittel Beschwerde, Berufung und Revision zur Verfügung. Die Beschwerde richtet sich dabei gegen behördliche oder gerichtliche Entscheidungen, die nicht in Urteilsform ergehen. Die Berufung gegen ein Gerichtsurteil stellt eine Überprüfung des Urteils in rechtlicher und sachlicher Hinsicht dar und erfordert ggf. eine erneute Beweisaufnahme. Die Revision gegen ein Urteil der Berufungsinstanz überprüft nur die Richtigkeit des Urteils in rechtlicher Hinsicht. Das Rechtsmittel ist bei der jeweils nächsthöheren Instanz einzulegen.

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