Kapitallebensversicherung - Bundesgerichtshof zur Ungültigkeit von Allgemeinen Versicherungsbedingungen in Kapitallebensversicherungverträgen
Zur BGH-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 09.09.01
(nach der mündlichen Verhandlung am 25. April 2001)
zu den Revisionen in Sachen AGB-Verbandsklagen des Bundes der Versicherten wegen Intransparenz der Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu Kapitallebensversicherungen (Allianz BGH IV ZR 138/99; Nürnberger BGH IV ZR 121/00)
Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 38/2001
Der für das Versicherungsrecht zuständige IV.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Wirksamkeit mehrerer Klauseln in
den Allgemeinen Bedingungen der kapitalbildenden Lebensversicherung entschieden.
Ein Verbraucherverband hatte die Klausel zur Überprüfung nach dem Gesetz zur
Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG) gestellt, zu
denen auch Allgemeine Versicherungsbedingungen gehören.
1.
Der Bundesgerichtshof hat eine Klausel für unwirksam erklärt, mit der das
beklagte Versicherungsunternehmen die Folgen einer Kündigung des Vertrags
durch den Versicherungsnehmer regelt. Auch enthält diese Klausel Regelungen für
den Fall, dass der Versicherungsnehmer die Versicherung zwar aufrechterhalten,
aber keine weiteren Beiträge mehr zahlen möchte.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß die Klausel für den Versicherungsnehmer nicht hinreichend durchschaubar ist. Darin liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot und somit eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers i.S. des § 9 AGBG. Der Bundesgerichtshof hat beanstandet, daß der Versicherungsnehmer der Klausel nicht ausreichend die wirtschaftlichen Nachteile entnehmen kann, die er bei einer Kündigung des Versicherungsvertrages oder einer Beitragsfreistellung in Kauf nehmen muß. Zwar hätte der Versicherungsnehmer einer ihm zur Verfügung gestellten Tabelle mit Schwierigkeiten entnehmen können, daß er z.B. bei einer Kündigung in den ersten beiden Jahren nichts ausgezahlt bekommt, seine Beiträge also in vollem Umfang verloren sind. Dies genügt aber den Anforderungen nicht, die an die Klarheit Allgemeiner Versicherungsbedingungen zu stellen sind.
2.
Dieselben Erwägungen gelten bei der Beurteilung einer Klausel, die sich mit der
Frage befaßt, wie die Kosten für den Abschluß des Vertrages, z.B. auch
eine etwaige Provision des Agenten, erhoben und ausgeglichen werden. Auch diese
Klausel hat der Bundesgerichtshof für unwirksam erklärt, weil der
Versicherungsnehmer die ihn treffenden wirtschaftlichen Nachteile nicht
hinreichend erkennen konnte.
3.
Eine weitere Klausel hat der gerichtlichen Kontrolle standgehalten. Diese befaßt
sich mit der Überschußermittlung und -beteiligung. Der klagende
Verbraucherverein hielt diese Regelungen für unwirksam, weil sie keinen
Aufschluß darüber gäben, wie der verteilungsfähige Überschuß zu ermitteln
sei, welchen Anteil am Überschuß das Versicherungsunternehmen an die
Versicherungsnehmer auszuschütten habe und in welcher Höhe der
Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Überschußbeteiligung geltend machen könne.
Daß der Überschuß nach den Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
des Handelsgesetzbuches und den dazu erlassenen Rechtsverordnungen ermittelt
werde, worauf das Unternehmen in der Klausel hinweist, sage dem
Versicherungsnehmer nichts.
Der Bundesgerichtshof hat demgegenüber darauf abgehoben, daß das Versicherungsunternehmen in der Klausel die Quellen aufzeigt, aus denen Überschüsse erzielt werden können. Darüber hinaus ist in der Klausel hinreichend deutlich darauf hingewiesen, daß der künftig zu erzielende Überschuß unterschiedlich hoch ausfallen kann. Zu weiteren Erläuterungen ist das Unternehmen nicht verpflichtet. Der Bundesgerichtshof hat darauf hingewiesen, daß einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer die vom Gesetz vorgegebenen Bilanzierungsregeln einschließlich der in ihnen liegenden Spielräume nicht verdeutlicht werden können. Insgesamt liegt in der Klausel keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers, so daß sie nicht gegen § 9 AGBG verstößt.
4.
Mit einer weiteren Entscheidung vom gleichen Tage (IV ZR 138/99) hat der
Bundesgerichtshof eine Klausel ebenfalls über die Kündigung und
Beitragsfreistellung in Allgemeinen Lebensversicherungsbedingungen eines anderen
Unternehmens für unwirksam erklärt. Diese Klausel unterscheidet sich im
Wortlaut etwas von der oben erwähnten Klausel des anderen Falles. Sie ist aber
ebenfalls intransparent und deshalb nach § 9 AGBG unwirksam.
Urteile vom 9. Mai 2001 - IV ZR 121/00 und IV ZR 138/99 - (zu Kapitallebensversicherung)
Karlsruhe, den 9. Mai 2001
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